Inhalt / Kritik
DDR, im Sommer 1989: Hanna Klein (Lena Urzendowksy) gilt als großes Schwimmtalent und wird von ihrem Heimatland auch gefördert. Sie träumt davon, eines Tages an den Olympischen Spielen teilzunehmen und dort eine Medaille zu gewinnen. Wenn sie nicht gerade Zeit mit ihren besten Freunden Andreas Kuschwitz (Willie Geitmann) und Jens Blum (Jannis Veihelmann) verbringt, trainiert sie hart dafür, sich diesen Traum zu erarbeiten. Doch dann kommt es privat zu einer Reihe großer Veränderungen. So darf Jens mit seiner Familie überraschend ausreisen. Andreas, der schon immer in dem System der DDR unglücklich war und immer weiter abstürzt, beschließt daraufhin, aus dem Land zu fliehen. Seine Idee: Er will durch die Ostsee schwimmen und sich nach Fehmarn retten. Das stellt Hann vor eine schwierige Entscheidung. Soll sie ihn ziehen lassen, auch wenn er dabei sterben könnte? Oder nutzt sie ihr Talent, um ihm zu helfen und lässt dafür alles hinter sich, das ihr etwas bedeutet?
Eine unmenschliche Wahl
Zum Tag der deutschen Einheit werden traditionell Filme gezeigt, die sich irgendwie mit der DDR oder der deutsch-deutschen Geschichte auseinandersetzen. Im Fernsehen liefen dieses Jahr beispielsweise Kati – Eine Kür, die bleibt über den späten Comeback-Versuch der Eiskunstlauf-Ikone Katarina Witt, die nach der Wende nach einer Identität sucht, und der Krimi Walpurgisnacht – Die Mädchen und der Tod, bei dem die Polizei aus der BRD und der DDR gemeinsam nach einem Mörder suchen. Aber auch im Kino muss man nicht auf einen entsprechenden Beitrag verzichten. Dort ist das Drama Jenseits der blauen Grenze zu sehen, das von zwei jungen Menschen erzählt, die gemeinsam die Flucht wagen und dafür den gefährlichen Weg über die Ostsee wählen. 50 Kilometer müssen sie überwinden, was zuvor bereits viele das Leben gekostet hat.
Die beiden stehen damit stellvertretend für die anderen, die auf diese Weise ihr Glück suchten, ob es nun die Tausenden sind, die das Meer durchschwimmen wollten, oder diejenigen, die es über das Land versuchten. Das Besondere bei Jenseits der blauen Grenzeist, dass die Protagonistin das eigentlich nicht will. Sie ist zwar keine glühende Verehrerin der DDR, hat sich mit dieser aber gut arrangiert. Ihre sportlichen Erfolge, die sie zu großen Wettbewerben führt, überdecken alles. Doch durch die Entscheidung von Andreas, die gefährliche Flucht zu wagen, weil er keine Perspektive mehr sieht, wird sie gezwungen, selbst Stellung zu beziehen und eine Wahl zu treffen, die viel zu schwerwiegend ist für einen einzelnen Menschen. Für allem für einen so jungen Menschen, der dabei nur verlieren kann, egal, wie am Ende diese Wahl ausfällt.
Die Geschichte einer großen Freundschaft
Dorit Linke, auf dessen gleichnamigen Roman das Drama basiert, erzählt aber nicht allein von einer Flucht. Sie erzählt vor allem von einer großen Freundschaft. Hanna und Andreas sind durch ein Band verbunden, und das gleich doppelt. Da ist das Zwischenmenschliche, was ihnen durch den Alltag hilft, sowie eine Nylonschnur, mit der sie sich während der Flucht aneinander gebunden haben, um sich nicht zu verlieren. Jenseits der blauen Grenzenutzt dieses als Symbol, was nicht sehr subtil ist, aber doch gut funktioniert. Regisseurin und Drehbuchautorin Sarah Neumann setzt bei ihrer Adaption des bekannten Stoffs auf diese Dualität, wenn sie abwechselnd Szenen der Flucht und Szenen aus dem regulären Leben zeigt und damit die Grundlage für das Wagnis ausführt.
Damit ist ihr ein bewegendes Debüt geglückt. Das Drama, das auf dem Max Ophüls Preis Festival 2024 Premiere feierte, geht zu Herzen, wenn es nicht nur ein Denkmal für diejenigen errichtet, die zum Opfer des Regimes wurden, sondern auch eines für die Freundschaft. Das ist wunderbar von dem jungen Trio gespielt. Aushängeschild ist dabei natürlich die vielbeschäftigte Lena Urzendowksy (Zwischen uns der Fluss, 791 km), die ihrer Figur eine überzeugende Mischung aus Naivität und Entschlossenheit mitgibt. Aber auch die beiden männlichen Kollegen an ihrer Seite machen Jenseits der blauen Grenzezu einem der besseren Beiträge dieses Jahr zu einem Thema, das gleichzeitig historisch und aktuell ist.
Credits
OT: „Jenseits der blauen Grenze“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Sarah Neumann
Drehbuch: Sarah Neumann
Vorlage: Dorit Linke
Musik: Dominik Matzka
Kamera: Nikolaus Schreiber
Besetzung: Lena Urzendowsky, Willie Geitmann, Jannis Veihelmann, Uwe Preuss, Thorsten Ranft, Pauline Knof
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